Gesundheitspolitik statt Sparpolitik

Der Bundesrat will ein Globalbudget fürs Gesundheitswesen. Die Sparpolitik schadet am Ende dem Patienten. Die Ärztinnen und Ärzte machen sich auf einen politischen Kampf gefasst.

Sparen schmerzt. Wenn aber falsch gespart wird, ist es noch dazu töricht. So zum Beispiel die vom Bundesrat vorgeschlagenen Kostendämpfungsmassnahmen. Wenn sich das schweizerische Gesundheitssystem in die von der Regierung vorgezeichnete Richtung bewegt, langen wir bei Pauschalen und der Einführung eines Globalbudgets an.

Leben am Limit

Die Ärztinnen und Ärzte der Schweiz sehen das als gefährliche Entwicklung. Die vorgeschlagenen Eingriffe vergrössern die Bürokratie und stellen das bestehende System auf den Kopf. Denn was der Bundesrat vorschlägt, ist radikal: Eine Schuldenbremse, also ein verbindliches Kostenziel oder Globalbudget. Dieses Kostenziel definiert, um wie viel die Ausgaben steigen dürfen. Ist dieses Limit erreicht, könnten Korrekturmassnahmen zum Einsatz kommen. Aber gerade dazu bleibt die Landesregierung vage. Möglich wäre, dass Leistungserbringer für bereits erbrachte Leistungen nicht voll entschädigt werden. Oder: Gewisse Leistungen können Ende Jahr nicht mehr angeboten werden. In jedem Fall trifft es am Ende die Patienten.

Sparen durch mehr Bürokratie?

Der Bundesrat schlägt noch andere Sparmassnahmen vor. Die Hälfte davon betrifft ausschliesslich den ambulanten Bereich. Dabei ist gerade dieser am kostengünstigsten. So will der Bundesrat die Leistungserbringer verpflichten, sich Tarifeingriffen des Bundesrats und Pauschaltarifen für ambulante Behandlungen zu unterwerfen. diese Massnahmen stellen einen bürokratischen Mehraufwand für die Ärzteschaft dar. Ob damit reell gespart werden kann, ist ungewiss.

Sparen auf dem Buckel der Grundversorger

Die Sparmassnahmen betreffen alle. Die Grundversorger aber würden am stärksten leiden. Denn für kleine Betriebe sind die Auswirkungen direkter spürbar. Hinzu kommt: Schon heute besteht eine Nachfolgeproblematik bei Hausärztinnen und Hausärzten. Vor allem in ländlichen Gebieten ist es schwierig, die Praxis neu zu besetzen. Patientinnen und Patienten müssen für einen Arztbesuch weite Distanzen auf sich nehmen. Durch die vom Bundesrat vorgeschlagenen Sparmassnahmen droht der Hausarzt zum Auslaufmodell zu werden. Die seit Jahren sinkenden Einkommen würden sich weiter verkleinern. Spätestens wenn die Tätigkeit als Hausarzt existenzbedrohend ist, wird es keine solche Praxen mehr geben.

Für ein Gesundheitswesen im Dienst der Patienten

Die Ärztinnen und Ärzte machen sich nun für den politischen Kampf bereit. Die FMH lancierte die Image-Kampagne «Wir helfen! – Die Ärztinnen und Ärzte der FMH». Sie will damit zeigen, was der wirkliche Mittelpunkt der Medizin sein muss: der Mensch beziehungsweise der Patient. Denn die zentrale Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten ist die Versorgung der Patienten und die Wahrung des Patientenwohls, nicht die Einhaltung von vorbestimmten Budgets und anderen bürokratischen Zwängen.

Auch die kantonalen Verbände engagieren sich gegen die Sparmassnahmen. So kritisiert die Aerztegesellschaft des Kantons Zürich AGZ Gesundheitsminister Berset für dessen Gesundheitspolitik. Diese drehe sich «mantraartig nur um die Kosten und nicht um die Versorgung». Das sei keine Gesundheitspolitik, sondern Sparpolitik. Die AGZ will stattdessen die Menschen und deren Bedürfnisse ins Zentrum der Diskussion stellen. Mit Diskussionsgruppen und einer Online-Befragung soll eruiert werden, wie das Gesundheitssystem von morgen aussehen könnte.

Die zweitgrösste kantonale Gesellschaft, die Aerztegesellschaft des Kantons Bern BEKAG, hat ebenfalls den Kampf aufgenommen. In einer Kampagne lässt sie die Patienten sprechen: Patienten und Ärzteschaft sind Verbündete bei der Reform des Gesundheitswesens. In fiktiven Dialogen zwischen Patient und Arzt zeigt die BEKAG auf, was von der Politik erwartet wird: Ein Gesundheitswesen im Dienst der Patienten (www.aerzte-und-patienten.ch) .Nötigenfalls wird die Ärzteschaft der Schweiz das Referendum gegen die Gesetzesänderungen ergreifen. Die Ärzteschaft wird verteidigen, was die Sparmassnahmen massiv gefährden: Das Schweizer Gesundheitssystem; laut Euro Health Consumer Index 2018 das beste in Europa – weit vor unseren Nachbarländern mit Globalbudget.

Bildlegende

Die Aerztegesellschaft des Kantons Bern zeigt mit einer Inseratekampagne, was sie von der Politik erwartet: Ein Gesundheitswesen im Dienst der Patienten.

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