Ungeeigneter Zulassungsstopp

Die vom Parlament beschlossene Zulassungsregulierung sorgt für Probleme. Die Regelung setzt jungen Ärztinnen und Ärzten falsche Signale, ist undifferenziert und untauglich. Die kantonalen Ärztegesellschaften sehen bessere Möglichkeiten, um Überversorgung zu vermeiden.

In der Sommersession 2020 hat das Eidgenössische Parlament eine neue Regelung für die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten beschlossen, die im ambulanten Bereich zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abrechnen dürfen. Mit dem neuen Bundesrecht wurde ein formales Zulassungsverfahren eingeführt, für das die Kantone zuständig sind. Die neuen Bestimmungen geben den Kantonen die Möglichkeit, das Versorgungsangebot – insbesondere die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten – nach ihrem Bedarf selbst zu regulieren. Die Kantone können in einem oder mehreren medizinischen Fachgebieten (sowie bei Bedarf regional differenziert) Höchstzahlen festlegen und so die Zahl der zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassenen Ärztinnen und Ärzte beschränken (Zulassungsstopp).

Keine zuverlässigen Daten
Das Problem an diesem Zulassungsstopp: Erstens fehlt eine zuverlässige Datengrundlage, die zeigt, in welchen Fachgebieten der Bedarf der Patientinnen und Patienten tatsächlich gedeckt ist und in welchen nicht. Zweitens: Es ist auch geplant, Fächer wie Anästhesie und Radiologie mit einer Obergrenze zu versehen. Das sind Fachgebiete, die nicht selbst Patientinnen und Patienten akquirieren, sondern ausschliesslich auf Zuweisung hin arbeiten. Zudem ist es in diesen Disziplinen bereits jetzt schwierig, qualifizierte Fachärztinnen und Fachärzte zu finden.

Die Politik sollte sich um den Fachkräftemangel der Zukunft kümmern, statt die Vergangenheit zu regulieren. Die Parlamentarier sind sich wohl nicht bewusst, dass in der Medizin 30 Prozent der Studierenden infolge negativer Erfahrungen während der Spitalpraktika darüber nachdenken, zukünftig nicht klinisch zu arbeiten; und dass in der anschliessenden Weiterbildungsphase ebenfalls mehr Ärztinnen und Ärzte als früher aussteigen, zu einem grossen Teil aus gesundheitlichen Gründen. Eine Zulassungsbeschränkung ist ein weiteres, absolut kontraproduktives Signal.

Eine bedarfsorientierte Zulassung gewährleisten
Die kantonalen Ärztegesellschaften wollen definitiv keine Überversorgung. Aber die Zulassungsbeschränkung setzt nicht nur falsche Signale, sie ist schlichtweg undifferenziert und untauglich. Wie schon früher in Zeiten einer generellen Zulassungsbeschränkung würden die kantonalen Verbände es unterstützen, gemeinsam mit dem jeweiligen Kanton die (wohl zwei bis drei) Fächer zu bezeichnen, in denen aktuell eine eher grosszügige Versorgung herrscht. Eine Bewerbung in einer dieser Disziplinen sollte dann zuerst vom zuständigen Amt für Gesundheit formal geprüft werden. Danach könnte eine Stellungnahme der entsprechenden Fachgruppe und der regionalen Zuweisenden eingeholt werden, die als Empfehlung an die zuständige Behörde geht. So wäre eine bedarfsorientierte Zulassung gewährleistet, eine Überversorgung würde vermieden, ohne falsche Signale und Kollateralschäden.

 

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung aus «Synapse», dem offiziellen Kommunikationsorgan der Ärztegesellschaft Baselland und der Medizinischen Gesellschaft Basel.

 


Die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt haben die vom Parlament geforderte Zulassungsbeschränkung im Rahmen der Gemeinsamen Gesundheitsregion (GGR) durchgeführt. Es war vorgesehen, eine Obergrenze an Ärztinnen und Ärzten in acht medizinischen Fachgebieten einzuführen. Anfangs 2023 stützte jedoch das Kantonsgericht Basel-Landschaft eine Beschwerde gegen dieses Vorgehen. Das Gericht kam zum Schluss, dass das kantonale Ausführungsrecht in einem Gesetz erlassen werden müsse. Eine kantonale Vollzugsverordnung genüge nicht. Deshalb unterbreitete der Regierungsrat dem Parlament von Baselland eine Teilrevision des Gesundheitsgesetzes. Diese wurde von einer Mehrheit im Parlament zwar bewilligt, die nötige Mehrheit wurde bei der Schlussabstimmung aber nicht erreicht. Deshalb kam es im September 2024 zur obligatorischen Volksabstimmung. Mit knapp ­62 Prozent Ja-Stimmen wurde die Vorlage und damit der Zulassungsstopp an der Urne angenommen. Die Ärzteorganisationen hatten sich im Vorfeld für ein Nein einsetzt.

 

Bildlegende

Der Zulassungsstopp, den das Parlament beschlossen hat, ist untauglich und setzt falsche Signale.

Bild: iStock

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